I
Es ist drei Uhr nachts.
Und so schwül, dass ich nicht schlafen kann. Stattdessen quäle ich mich durch die Vorliebenliste — sie scheint mir endlos.
Der Gedanke, wie begrenzt doch unser Vorrat an sexuellen Ausdrucksformen ist, kommt mir schlaftrunken entgegen. Ja überhaupt sind mir Schubladen und Klischees immer mehr zuwider.
Stattdessen neue Worte und Bilder für unsere Lust erfinden und Sexualität endlich von der Fessel der Verwertung befreien: Ich wünsche mir Lust, die nicht nur an Fortpflanzung denkt, die keinen Profit bringt. Begierde braucht echte Nahrung – Fast Food macht nicht richtig satt.
Sex ist ein Schöpfungsprozess, eine Performance.
II
Es ist fünf Uhr nachmittags.
Ich bin hellwach und erwarte Dich. Du hast gefragt, wie es ablaufen wird, das Shooting, und ich muss Dir sagen: Ich weiß es nicht. Es ist Dein Shooting und es wird einmalig sein und der Ablauf wird Deine Persönlichkeit widerspiegeln und die Begegnung mit mir.
Es gibt keinen Erwartungsdruck, nur Spiel: Ich folge Dir und Deinem Körper mit der Kamera bis ich Deine heldenhafteste Version gefunden habe – ob sie nun etwas sehr Verletzliches oder sehr Starkes sein mag.
Ich mache kein Bild von Dir, das ich nicht selbst attraktiv finde.
Ohne Dich zu dirigieren helfe ich Dir, erregende Haltung zu finden und wünsche mir, dass Du das Set mit einem Lächeln verlässt: Wenn Du gehst, sollst Du Dich besser mit Dir selbst fühlen.
Was eine gute Aufnahme sei, fragst Du beim Abschied. Ich denke an die Energie des Moments und wie sie Dir auf Deinen Bildern erotischen Ausdruck gibt. Es ist der gelungene Versuch, antworte ich, zwei Bilder zur Deckung zu bringen: Das tief innen verankerte Bild dessen, was man begehrt und das Bild vor der Kamera, gespeist aus der magischen Kraft des Augenblicks und der Begegnung mit dem voyeuristischen Gegenüber.
Deine Bilder werden bleiben. Es sind nur Momentaufnahmen und dennoch haben wir der Ewigkeit gemeinsam eine Träne abgetrotzt.
III
Seit einiger Zeit laden melantho_by und ich gemeinsam zum Shooting.
Deviante, fetischistische und hypersexuelle Existenzen mit schwer zu zügelndem Sexualtrieb und latentem Hang zum Fetischismus – pervers, aber subtil behandelt.
Die allgemeinen fixen Ideen, welche man die gesunde Vernunft tauft, sind unerträglich langweilig.