Wohin mit der Eifersucht?Ein Plädoyer für ein unterschätztes Gefühl

Die Eifersucht hat einen miesen Ruf. Dabei steckt auch in der hochdosierten Eifersucht eine Chance für die persönliche Entwicklung und Intensivierung einer Beziehung. Wirklich. Ein aufrichtiges und schmerzliches Plädoyer für ein unterschätztes Gefühl.

Von Anima81

Eifersucht ist die leichte Lösung

Dosiert mag sie eine Liebeserklärung sein, zu viel davon wirkt allerdings schnell wie Gift für das Miteinander und die eigene Seele. Fast jeder kennt die Eifersucht in unterschiedlicher Intensität, abhängig von vielen Faktoren und Auslösern, mal mehr, mal weniger begründet.

Sie scheint ein angeborener Instinkt zu sein, mit dem Potential, sich durch entsprechende Erfahrungen zu vertiefen. Meistens sagt die Eifersucht weniger etwas über den Partner als über einen selbst aus. Ich wage mal die These: Je größer die Eifersucht, desto geringer das Selbstwertgefühl. Je mehr Erfahrungen wir mit Enttäuschungen und Verletzungen machen und uns diesen Gefühlen nicht aktiv stellen, sondern hilflos ausliefern, desto mehr werden wir uns als Opfer anderer fühlen.

Eifersucht nur zu bekämpfen, heißt, vermeintlich klaren Einordnungen wie Täter und Opfer, Schuld und Unschuld auf den Leim zu gehen.

In den meisten Fällen versuchen wir deshalb, die Eifersucht zu bekämpfen. Jedoch nicht in uns selbst, sondern im Gegenüber. Mit der Hoffnung, der Partner möge sich so verhalten, dass man selbst keine negativen Gefühle fühlen muss. Auch ich bin eifersüchtig. Aber ich habe mit der Eifersucht meinen Frieden gemacht. Sie darf da sein, ohne dass sie mich dazu verleitet, daraus Konsequenzen für meinen Partner abzuleiten.

Das funktioniert nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess, der mich durch tränenreiche Autofahrten, peinigende Bauchschmerzen und hasserfüllte Rachegedanken geführt hat. Ein Prozess, der mich auch immer wieder dazu verleitet hat, die alte Haltung anzunehmen. Diese liefert zumindest klare Kategorien wie Täter und Opfer, Schuld und Unschuld. Am Ende ist mir klar geworden, dass das Verharren in diesen starren Paradigmen keinerlei Erlösung bietet. Nichts wird dadurch besser. Ich kann hoffen, der andere möge anerkennen, wie sehr ich leide, aber will ich wirklich aus Mitleid geliebt werden?

Wohin mit der Eifersucht?
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Wie die Eifersucht in uns arbeitet

Zwei Menschen begegnen sich mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Emotionen. Gehen beide eine Beziehung ein, entsteht ein (oft) unausgesprochener moralischer Korridor, innerhalb dessen man sich als Paar bewegt. Unsere individuellen Bedürfnisprofile, emotional wie sexuell, bilden eine Schnittmenge von Gemeinsamkeiten. Das ist der Beginn einer jeden Beziehung. Das Gefühl, gleich zu ticken, die gleiche Wellenlänge zu haben. Über die Teile, die außerhalb dieser Schnittmenge liegen, macht man sich am Anfang wenig Gedanken. Die individuelle, sexuelle und emotionale Identität verschwindet jedoch nicht mit dem Beginn einer Beziehung, sie ist in der Phase der Verliebtheit nur weniger aktiv. In diesem Moment zählt nur das "Wir".

In der Regel kommt die eigene Identität aber Stück für Stück wieder zum Vorschein. Gott sei Dank. Schließlich hat sich unser Gegenüber ja auch in das "Ich" verliebt. Unser individuelles Bedürfnisprofil wird jedoch dann zum Problem, wenn wir die Grenzen des zu Beginn geschaffenen Rahmens überschreiten und den anderen damit verletzen. In den seltensten Fällen haben wir die Absicht, dem Partner wehzutun. Wir handeln fast immer für ein eigenes Bedürfnis und nicht gegen das des Partners. Aber ist es überhaupt möglich, Verletzungen des Partners zu vermeiden?

Dafür müssten wir über alle Gefühle und Verletzlichkeiten des Partners Bescheid wissen. Und ich vermute mal, dass es selbst bei größter Nähe eine hundertprozentige emotionale Transparenz zwischen Partnern nicht gibt. Verletzungen sind natürlich. Ein unvermeidlicher Kollateralschaden bei der Abwägung der eigenen Interessen gegen die des Partners. So sehr wir uns auch wünschen in dem "Wir" übereinstimmende Bedürfnisse zu haben, wird uns unsere Einzigartigkeit eines Besseren belehren. Das ist auch gut so, denn Unterschiedlichkeit bietet Vielfalt und letztendlich einen Reichtum an Möglichkeiten.

Eifersucht annehmen, heißt sie zu besiegen

Wenn Verletzungen und damit einhergehende Eifersucht natürlich und dadurch kaum zu vermeiden sind, ist es sinnvoller sie mutig anzunehmen und konstruktiv zu nutzen, statt einen aussichtslosen Kampf zu führen. Ich plädiere dafür, diese Gefühle anzunehmen, sie zu integrieren, statt sie aus dem Ideal einer funktionierenden Beziehung zu verbannen. Welche Vorteile bringt dieser proaktive und vereinnahmende Umgang mit negativen Emotionen wie Eifersucht?

  • Integration kostet weniger Kraft und Energie als ständiger Kampf.
  • Sie geben einem selbst und dem Partner den Raum, Fehler zu machen, was letztendlich eine Möglichkeit der Weiterentwicklung bietet.
  • Dem Partner Räume zur Entwicklung zu lassen, schafft Bindung. Jeder hat wahrscheinlich schon mal selbst den Satz gesagt oder zumindest gehört: Ich bin wieder Single, jetzt bin ich wieder frei. Wieso sich aber nicht auch innerhalb einer Beziehung frei fühlen? Dem anderen Räume für Entwicklung und Fehler zu lassen, kann dazu beitragen.
  • Sich dem Partner gegenüber verletztlich zu zeigen und vice versa, und das ohne Abwertung der eigenen Bedürfnisse, kann die Beziehung vertiefen.
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Eifersucht ist zunächst eine Emotion, die uns auf etwas hinweist. Ein Warnsystem, welches uns sagt: Achtung, hier sind deine Grenzen, deine Komfortzone, deine Identität bedroht. Das ist wichtig und gut so. Sie ist ein Gefühl, welches uns dabei hilft, die eigenen Grenzen zu erkennen. Sie lässt uns auf die Beziehung schauen und stellt die Frage: Möchte ich das so? Dieses Gefühl jedoch im anderen bekämpfen zu wollen, führt in den seltensten Fällen zu einem zufriedenstellenden emotionalen Ergebnis.

Während man selbst starr in seiner Emotion verharrt, ist der übliche Reflex, den anderen in seinem Verhalten kontrollieren oder steuern zu wollen. Also der Wunsch, alles zu wissen und dem Partner Situationen, die vermeintlich zu Verletzungen führen können, zu untersagen. Menschen lassen sich aber in der Regel nicht ohne Weiteres einschränken oder sind gar dankbar für ihnen auferlegte Grenzen. Im Gegenteil. Was daraus folgt, ist nicht die Heilung der Eifersucht oder die Vertiefung der Beziehung, sondern:

  • Verleugnen, verschleiern, verheimlichen. Denn Bedürfnisse des Partners, auch wenn sie einem selbst nicht gefallen, haben eine Bedeutung und eine Berechtigung! Der Partner wird nicht ehrlicher, sondern geschickter im erfüllen seiner Bedürfnisse.
  • Es kann zu Pro-forma-Handlungen und -Aussagen kommen. Beispielsweise führt der Wunsch an den Partner, er möge doch häufiger "Ich liebe dich" sagen, dazu, dass man eigentlich nicht mehr weiß, ob der daraufhin geäußerte Liebesschwur von Herzen kommt, oder nur der Aufforderung folgt.
  • Und letztendlich führt dies zum Vertrauensverlust und zur Entfremdung.

Eifersüchtig zu sein ist keine Schande

Schon kleine Kinder sind eifersüchtig und fürchten um ihre exklusive Stellung bei den Eltern. Genauso, wie wir als Erwachsene befürchten, für den Partner nichts Besonderes mehr zu sein. Wir wollen eine Bedeutung haben.

Dem Partner seine Eifersucht einzugestehen ist gut, denn er weiß dann, in welcher emotionalen Lage man sich gerade befindet. Daraus jedoch Forderungen oder Vorwürfe abzuleiten, schafft keinen Beziehungsgewinn. Verletzt zu sein und sich einen Moment zu beklagen und der Trauer hinzugeben, ist okay. Auch wenn es schwer fällt, in der Verletzung daran zu denken, hilft folgende Erkenntnis dabei, in einen konstruktiven Austausch miteinander zu gehen: Der Partner handelt für sein Bedürfnis, nicht gegen das Meinige. Denn worum es eigentlich geht, sind die hinter der Eifersucht liegenden Bedürfnisse beider Beteiligten.

Die Eifersucht lässt uns Bilanz ziehen und fordert uns auf, auf die Beziehung zu schauen.

Welches Bedürfnis des Partners war so stark, dass er den inneren moralischen Vertrag einseitig gekündigt hat? Und welches Bedürfnis bei mir ist dadurch verletzt worden? Die Chance liegt darin, sich auch mit schwierigen emotionalen Zuständen und Bedürfnissen auseinandersetzen und sich gegenseitig Fehler zugestehen zu können. Nur so besteht eine wirkliche Möglichkeit, uns in der Beziehung gemeinsam zu entwickeln. Gemeinsam überstandene Krisen schweißen zusammen und festigen die Basis. Der Gedanke: Wir steigen nicht so schnell aus der Beziehung aus, auch wenn wir Unterschiedlichkeiten entdecken. Das Gefühl: Du bist es mir wert!

Wir sind nicht nur ein "Wir", sondern immer auch ein "Ich". Die Eifersucht lässt uns Bilanz ziehen und fordert uns auf, auf die Beziehung zu schauen. Auch die Trennung kann eine mögliche Konsequenz daraus sein. Aber dann ist es eine aktive Entscheidung, nicht entstanden aus einer reaktiven Hilflosigkeit.

Gewinne Kontrolle über die Eifersucht und nicht über deinen Partner.

 

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