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Verhütung? Aber natürlich!

Warum ich in Sachen Verhütung keine Chemie mehr brauche

Ich möchte in Sachen Verhütung frei sein. Frei von hormonellen Präparaten wie der Pille, Verhütungspflastern oder der Dreimonatsspritze. Frei von hormonfreien Alternativen wie Kupferspirale oder Diaphragma. Ich möchte nichts täglich einnehmen, mir irgendwo hinkleben, einführen, einsetzen oder implantieren lassen müssen. Und trotzdem in Bezug auf eine Schwangerschaft sicher verhüten. Aber welche Möglichkeiten neben Kondomen habe ich dann noch?

Par Condwiramurs | 09.04.2019

Findungsphase: Wie möchte ich mit Anfang dreißig verhüten?

Ich finde es gut und richtig, dass wir Frauen heutzutage so viele Wahlmöglichkeiten haben, uns vor einer ungeplanten Schwangerschaft zu schützen. Ich würde mir diese große Auswahl genauso für die Männer wünschen, die nach wie vor nur auf Kondome oder die Sterilisation zurückgreifen können. Es ist nur einfach so: Eine Entscheidung für künstliche Verhütungsmethoden fühlt sich für mich mit Anfang dreißig nicht mehr gut und richtig an.


Forscher aus aller Welt tüfteln schon lange an diversen Verhütungsmitteln für den Mann. Nach neuesten Medienberichten könnte eine "Pille für den Mann", die US-Forscher gerade an Probanden testen, in etwa zehn Jahren marktreif sein. Wir wollten daher von 5.000 JOYclub-Männern wissen: "Stell dir vor, es gäbe eine "Pille für den Mann", die dich für die Dauer der Einnahme aufgrund bestimmter Hormone zeugungsunfähig macht: Würdest du sie nehmen?" Die Antworten:

  • 44 Prozent wissen nicht, ob sie das tun würden.
  • 39 Prozent sagen "Das wäre super, das würde ich machen."
  • 17 Prozent geben "Auf gar keinen Fall" an.

 

Ich habe die Antibabypille über zehn Jahre lang genommen. Begonnen habe ich damit als Teenie aus Gründen, die ich heute nicht mehr nachvollziehen kann. Die Pille galt bei uns Jugendlichen als eine Art Must-have. Einerseits, da sie jeder nahm, völlig egal, ob man überhaupt schon einen Gedanken an Sex verschwendete. Zumindest ließ sie unsere Eltern ruhiger schlafen.

Andererseits, weil sie uns verpickelten Mädels reinere Haut, schöne Haare und Schmerzlinderung während unserer Menstruation versprach. Sie war ein Hilfsmittel, die verhasste Monatsblutung zu verschieben, wenn sie einem gerade nicht ins Party-Wochenende passte.

Ein wunderbares "Optimierungstablettchen" quasi, dass dir viele pubertäre Sorgen abnimmt. Gespräche über Safer Sex und Geschlechtskrankheiten? Die spielten zu der Zeit keine große Rolle. Weder in Familie noch unter Freunden. Einzig der Biologielehrerin lag ein wenig Aufklärung am Herzen – zumindest so weit, wie es der fragwürdig zugepackte Lehrplan zuließ. Ich hoffe inständig, dass das heute anders ist.

Mit Mitte zwanzig sagte ich der Pille Adieu. Ich war schon viele Jahre mit meinem damaligen Freund zusammen und sah keinen Grund mehr, Geld dafür auszugeben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, was die Pille eigentlich mit meinem Körper anstellt.


Wer die Antibabypille nimmt, hat keinen natürlichen Zyklus mehr. Dem Körper wird durch die Hormone eine Schwangerschaft vorgetäuscht – jeden Monat einundzwanzig Tage lang. Die Blutung, die in der siebentägigen Pillenpause einsetzt, ist auch keine echte Menstruation. Sie kommt aufgrund des Hormonentzugs zustande und wird deshalb auch Entzugs- bzw. Abbruchblutung (in Fachkreisen auch "Pseudomenstruation") genannt. Medizinisch notwendig ist die Pillenpause nach neuesten Erkenntnissen nicht. Es kursieren viele Spekulationen, warum es sie überhaupt gibt. Der englische National Health Service empfiehlt mittlerweile sogar die tägliche Einnahme ohne Pause.


 

Es gibt viele Pillen-Befreiungs-Erfahrungsberichte im Internet, die allesamt beschreiben, wie wunderbar sich die Rückkehr zur Weiblichkeit und Natürlichkeit nach Absetzen der Pille anfühlt.

Bei mir sah das neue Lebensgefühl erstmal so aus, dass ich meine pillenunterdrückte Pubertät nachholte und massenweise Pickel an den unmöglichsten Stellen bekam. Ich wurde dick. Meine Periode wurde unfassbar heftig. Ich lernte PMS kennen. Und meine Regelschmerzen gingen teils nicht mal mit den stärksten Schmerztabletten vollständig weg. Das war eine bittere Zeit.

Gebe deinem Körper, was er braucht

Aber ich war gezwungen, mich mit meinem Körper auseinanderzusetzen. Das erste Mal wirklich darüber nachzudenken und zu erspüren, welche kleinen Wunder da eigentlich in jedem Zyklus passieren. Denn nun hatte ich ja endlich einen echten, natürlichen Zyklus! Und den kennenzulernen – und später auch lesen zu lernen –, das war eine kleine Offenbarung für mich. Dazu an anderer Stelle mehr. Ich kann auf jeden Fall festhalten:

Ich gelangte tatsächlich irgendwann zu einem neuen Selbstempfinden in Sachen Weiblichkeit und Natürlichkeit!

Ein Gefühl, das ich niemals wieder verlieren oder unterdrücken möchte. Und mich zu meiner Entscheidung gegen hormonelle Verhütungsmethoden führte.

Back to the roots: Frauen können nicht permanent schwanger werden

Also fing ich an, mich damit zu beschäftigen, welche Verhütungsalternativen gut zu meinen Lebensstil passen könnten. Was sich richtig anfühlt. Und vor allem: sicher. In Bezug auf Verhütungssicherheit und Nebenwirkungen für meinen Körper.

Ich habe mich zu einigen nicht-hormonellen Methoden von meiner Frauenärztin beraten lassen, aber nach einigem Grübeln beschlossen, dass ich davon nichts ausprobieren möchte. Der einsame Sieger blieb daher lange Zeit das Kondom. In meiner wilden Phase sowieso obligatorisch und kein Problem. In meiner festen Partnerschaft jedoch eine hauchdünne Latexbarriere, auf die wir hin und wieder gerne mal verzichten wollten.

Also nahm ich das Thema natürliche Verhütung genauer unter die Lupe. Mein Vorurteil war, dass diese Methode wahrscheinlich genauso sicher wie der Coitus interruptus ist. Eine Schwangerschaftslotterie quasi. Denn genauso unaufgeklärt oder – was besser zutrifft – ignorant, wie ich damals gegenüber der Funktionsweise der Pille war, war auch mein Wissen in Bezug auf weibliche Fruchtbarkeit. Ich ging davon aus, dass man als gebärfähige Frau immer schwanger werden kann, außer kurz vor, während und kurz nach der Periode.

Genau genommen sind es pro weiblichem Zyklus aber höchsten 12 bis 18 Stunden, in der die Eizelle nach dem Eisprung befruchtungsfähig ist.

Dieser Fakt hat mich umgehauen (und ich hoffe, dass ich nicht die Einzige bin, die in Biologie so schlecht aufgepasst hat). Denn das bedeutet, dass ich mit meinem 26-Tage-Zyklus eigentlich nur an einem einzigen (nicht mal ganzen) Tag schwanger werden kann.

Aber ganz so einfach ist es leider nicht, denn hinzu kommt,

  • dass Spermien mehrere Tage im weiblichen Körper überleben können und dann quasi immer noch "zum falschen Zeitpunkt zuschlagen können" (damit erhöhen sich die fruchtbaren Tage auf etwa sechs bis sieben pro Zyklus).
  • dass frau nicht genau weiß, wann der Eisprung überhaupt stattfindet.

Der weibliche Körper sendet jedoch Zeichen, an denen man ablesen kann, wann in etwa die fruchtbaren Tage im Zyklus sind. Wenn man diese Körpersignale ganz genau und regelmäßig beobachtet, dokumentiert und nach bestimmten Regeln auszuwerten weiß, können Frauen bei einem regelmäßigen Zyklus einen sicheren Zeitraum pro Zyklus bestimmen, an dem sie nicht schwanger werden können.

Meine Offenbarung: Die symptothermale Methode

Als sichere Form, natürlich zu verhüten, gilt die symptothermale Methode. Sie berücksichtigt bei der Bestimmung der fruchtbaren Tage im Zyklus, wie hoch die morgendliche Aufwachtemperatur und wie der Gebärmutterschleim beschaffen ist. Beides wird täglich in einem Zyklusblatt oder einer App festgehalten und nach bestimmten Regeln ausgewertet. Ein Punkt, der mich überrascht hat:

Die symptothermale Methode ist bei richtiger Anwendung in etwa so sicher wie die Antibabypille.

Die symptothermale Methode ist relativ einfach zu erlernen. Wenn ihr sie einmal ausprobieren wollt, lege ich euch das Standardwerk "Natürlich & sicher – Das Praxisbuch: Familienplanung mit Sensiplan" ans Herz. Hier reiße ich ihre Funktionsweise nur ganz knapp an:

  • Anhand der Temperaturaufzeichnungen kann ich ablesen, wann mein Eisprung vorüber ist: Die Aufwachtemperatur ist vom ersten Tag des Zykluses bis zum Einsprung etwas niedriger als in der Zeit danach. Nach dem Eisprung steigt sie um etwa zwei Zehntel Grad Celsius an und bleibt bis zur nächsten Regelblutung auf diesem höheren Niveau. Ich messe die Temperatur jeden Morgen vor dem Aufstehen zur gleichen Zeit mit einem Basalthermometer.
  • Die Zervixschleim-Beobachtung zeigt mir an, wann der Eisprung ungefähr stattfindet. Denn nicht nur die Aufwachtemperatur, auch die Beschaffenheit des Zervixschleims verändert sich im Laufe des weiblichen Zykluses. Während der fruchtbaren Tage ist er flüssig, wird klar und lässt sich leicht auseinander ziehen. Er ist in dieser Zeit auch deutlich für die meisten Frauen zu fühlen und zu sehen. An den unfruchtbaren Tagen ist er eher weißlich-trüb und zäh bzw. kaum wahrzunehmen.
  • Als eine zusätzliche Kontrollmethode oder Alternative zur Zervixschleimbeobachtung können noch die zyklischen Veränderungen des Gebärmutterhalses beobachtet werden. Er kann einfach ertastet werden – wenn man denn nicht so kurze Finger hat wie ich.

Wichtig ist, dass ihr dranbleibt und nicht die Geduld verliert, wenn ihr die Methode ausprobieren wollt. Es dauert ungefähr drei Zyklen, bis man den Dreh raushat, die Zeichen richtig zu deuten. Bei mir dauerte es noch länger, bis ich dem, was vor mir auf meinem Zyklusblatt stand, traute. Aber mit der Zeit und der Erfahrung geht auch diese Angst weg.

Will man mit der Methode die oben beschriebene Verhütungssicherheit erzielen, muss man sehr diszipliniert sein, die Körperzeichen wirklich jeden Tag möglichst zur gleichen Zeit zu dokumentieren und nach dem festen Regelwerk auszuwerten. Auch muss euch bewusst sein, dass ihr in der fruchtbaren Phase wieder auf Kondome setzen oder auf Sex verzichten müsst. Wendet ihr diese Methode innerhalb einer festen Partnerschaft an, geht sie daher auf jeden Fall euch beide etwas an.

Must-have? Nur wir bestimmen, wie wir verhüten wollen!

Mein Partner und ich haben uns gut mit dieser Methode eingespielt. Wir fühlen uns wohl und sicher mit ihr. Und nur darum geht es letztendlich. Welche Verhütungsmethode wir auch wählen, ob nun mit Hormonen, ohne oder natürlich: wichtig ist, dass wir uns mit ihr wohl und sicher fühlen und sie in unserer aktuellen Lebenslage gut zu uns passt. Dass wir uns eingehend über ihre Wirkungsweise informieren und die Vor- und Nachteile für uns abwägen. Denn eins steht fest: Nur wenn Kopf und Körper in Harmonie sind, können wir auch unsere Lust richtig genießen.


 
Verhütung? Aber natürlich!

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